Gegen 9 Uhr wache ich auf. Wo bin ich eigentlich? Ahja, in
San Gil (
Wikipedia San Gil). Das Nächste, was sich bemerkbar macht, ist mein schmerzendes Gesicht. Der Sonnenbrand ist also noch da. Auch meine Unterarme vermitteln mir ein "spannendes Gefühl". Ich stehe auf, um mir das Ganze im Spiegel anzusehen. Bei diesem Anblick trifft mich fast der Schlag; auf meiner Nase haben sich kleine Brandblasen gebildet! Gar nicht gut. So kenne ich aber gleichzeitig auch das Programm der nächsten Tage: keine Sonne. Eigentlich schade, denn
San Gil ist für sein grosses Angebot an Abenteuer-Sportarten bekannt. Dazu zählen Paragliding, Abseiling (in einem Wasserfall) und auch Class-5 River Rafting. Da ich dies in Kolumbien aber sowieso nicht wirklich haben muss, ich erlebe ja schliesslich so schon genug "unfreiwillige" Abenteuer, bin ich deswegen nicht allzu traurig. Einzig enttäuschend ist, dass der Besuch des Städtchens
Barichara ins Wasser fällt. Dies ist neben
Villa de Leyva ein sehr bekannter Ort für gut erhaltenen kolonialen Baustil. Schade wars, aber die Pflege meiner Haut hat im Moment absoluten Vorrang und so mache ich mich nach nur 12 Stunden Aufenthalt bereits an die Informationsbeschaffung für die Weiterreise. Jede Stunde fährt ein Bus in Richtung meiner nächsten Destination
Bucaramanga (
Wikipedia Bucaramanga). Doch ganz unentdeckt will ich
San Gil nicht lassen, weshalb ich das Hostel für ein paar Minuten verlasse und die unmittelbare Umgebung erkunde.
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| Eine typische Strasse im Quartier |
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| Plaza Mayor |
Für viele Sehenswürdigkeiten ist die Stadt sowieso nicht bekannt, und ich gehe nach einem Mittagessen im Schatten wieder zurück ins Hostel. Dort packe ich meine letzten Sachen und nehme ein Taxi zum Busbahnhof. Da diese Strecke von diversen Busgesellschaften angeboten wird, werde ich möglichst lautstark umworben. Ich entscheide mich für die Gesellschaft des Vortages, der Bus würde in fünf Minuten hier sein (haha). Daraus wird dann mehr als eine Viertelstunde, aber irgendwann kommt ein Bus von
Copetrans angerollt und ich werde gerufen. Vor mir steht aber ein alter
Collectivo anstatt eines grossen Reisebusses. Über diesen Umstand bin ich nicht gerade glücklich, denn die
Collectivos bieten wegen ihrer Grösse deutlich weniger Komfort, und die Sitzabstände sind wesentlich kleiner. Irgendwie kann ich mich aber in diese Sitzchen zwängen. Trotz meiner für europäische Verhältnisse eher kleinen Grösse ist in Kolumbien einfach alles zu klein! Leicht verärgert entfliehe ich im besagten
Collectivo nach einer Wartezeit von weiteren 10 Minuten der Mittagshitze
San Gils und wir nehmen den Weg unter die Räder, welcher offiziell 2.5 Stunden dauern soll. Die Strecke führt uns durch die typischen Hochebenen
Santanders.
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| Die Hochebenen Santanders |
Im Reiseführer lese ich, dass man auf dieser Strecke unbedingt auf der rechten Seite sitzen soll, da man so die Aussicht auf den
Chicamocha Canyon (
Wikipedia Chicamocha Canyon) geniessen könne. Und plötzlich sehe ich ihn, den erwähnten Canyon. Mir kippt fast die Kinnlade herunter, denn eine so schöne Landschaft habe ich ganz ehrlich noch selten gesehen.
Wir durchqueren den Canyon in einer knappen Stunde, während der ganzen Zeit bestaune ich diese sagenhafte Landschaft. Dank des Einsatz eines
Collectivos anstatt eines Reisecars kann ich sogar von den Schiebefenstern profitieren, und somit bei besten Licht- und Wetterverhältnissen Bilder ohne störende Glasscheiben machen. So ein Glück muss man haben! Nun bin ich doppelt dankbar, dass ich mich am Vortag für den Zwischenstopp in
San Gil entschieden habe, denn sonst hätte ich den Canyon in der Nacht durchquert. Nach weiteren zwei Stunden im Stau in der Agglomeration von
Bucaramanga und einer Gesamtfahrzeit von vier Stunden nehme ich ein Taxi ins Hostel. Dort beziehe ich mein Quartier und mache neue Bekanntschaften. Zusammen mit diesen verlasse ich das Hostel noch einmal für ein kleines Abendessen und ein paar Feierabendbiere.
Am nächsten Tag erwache ich erst am späten Morgen. Zuerst inspiziere ich meinen intensiv gepflegten Sonnenbrand, doch leider hat sich dieser nur mässig gebessert. Also gibt es auch heute nur das Minimum an Sonne. Nach einem kurzen Entdeckungsrundgang in der näheren Umgebung und einem kleinen Mittagessen halte ich mich bis am Abend im Hostel auf, was mir Zeit verschafft, um gemachte Bilder zu sortieren und Kontakte in der Heimat zu pflegen. Am Abend treffen wir uns wieder auf ein paar Drinks, doch irgendwie fühle ich mich nicht wirklich wohl. Seit Tagen bin ich leicht am "Kränkeln", und ich will meinem Körper die allenfalls benötigte Ruhe nicht entziehen. Ein eher kurzer Abend also. Auch der nächste Tag besteht aus Faulenzen, der Sonnenbrand bessert sich langsam. Doch da nun erkennbar wird, welche Gesichtsbereiche meine Sonnnenbrille damals abgedeckt hat, sehe ich jetzt aus wie ein Panda. Irgendwie habe ich ein schlechtes Gewissen, dass ich seit zwei Tagen nur herumliege. Doch ich weiss, dass Nicolás und sein Bruder morgen nach
Bucaramanga kommen werden, da dies ihre Heimatstadt ist. So habe ich in den nächsten zwei Tagen also prima Reiseführer und kann mich noch ein wenig zurücklehnen.
Damit ich wenigstens ein bisschen Sight Seeing betrieben habe, erkunde ich am Samstag Morgen die Stadt. Ich würde sagen, dass
Bucaramanga eine typische kolumbianische Stadt ohne Metropolen-Status (wie beispielsweise
Bogotá, Medellín oder Cali) darstellt. Das "normale Leben" lässt sich in dieser Stadt mit 500'000 Einwohnern gut beobachten. Mir fehlt aber trotzdem irgendwie die Metropole, denn
Bucaramanga erscheint mir wie ein überdimensioniertes Städtchen oder gar Dorf, eine riesige Ansammlung von Häusern ohne Stadt-Feeling.
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| Eine wichtige Schule (habe den Namen vergessen) |
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| Bucaramanga Downtown |
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| Eine kleine Einkaufsstrasse |
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| Wieder irgendeine der unzähligen Kirchen und Kathedralen |
Nicolás Anruf erreicht mich um die Mittagszeit. Sie würde mich um drei Uhr abholen und mir den
Parque La Flor zeigen.
Bucaramanga ist schliesslich bekannt für die vielen Parks. Dabei ist anzumerken, dass für dessen Erschaffung keine Bäume angefplanzt wurden. Der Park stellt also die ursprüngliche, aber logischerweise zu einer Park-Landschaft getrimmte Vegetation dar.
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| Hibiscus |
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| Parklandschaft |
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| Natur pur! |
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| Leider hatte es niemanden in meinem Alter zum Spielen... |
Wieder einmal fällt mir auf, wie naturverbunden die kolumbianische Bevölkerung ist. Am Abend treffen wir Freunde der beiden Brüder, und ich werde wieder einmal vollständig ins kolumbianische Nachtleben integriert. In den frühen Morgenstunden gehen wir nach Hause. Den ganzen Abend hat es intensiv geregnet, diese Regenfälle dauern in der Schweiz jeweils höchstens fünf Minuten an. Hier kann das Stunden andauern, mit den entsprechenden Folgen; die Strassen sind teilweise regelrecht geflutet, auch in
Bucaramanga sucht man ein Abflussystem vergebens.
Am Sontag will mir Nicolás den
Parque Nacional del Chicamocha (
Wikipedia Chicamocha National Park) zeigen. Der Nationalapark des besagten Canyons also. Unterwegs, die Fahrt dauert (die knapp einstündige Irrfahrt eingerechnet) 2.5 Stunden, sind die Folgen der starken, mehrstündigen Regenfälle zu sehen, Erdrutsche blockieren diverse Strassen oder zumindest Teile davon. Auch Steinschläge hat es gegeben und regelmässig sind die Strassen noch mit der roten Erde bedeckt. In der Schweiz würde dies nach nationalen Sicherungsmassnahmen schreien (was auch verständlich ist, denn so etwas kann wirklich ins Auge gehen), doch hier wartet man einfach, bis sich die Probleme von selbst lösen. Kolumbien hat wirklich andere Prioritäten. Hier wird mir wieder bewusst, was wir in der Schweiz eigentlich für Luxusprobleme haben, über welche andere Nationen nur den Kopf schütteln können. Anyway, back to topic. Irgendwann finden wir den Eingang in den Nationalpark, besser gesagt die Station der Seilbahn. Diese führt einen nämlich in gut 25 Minuten durch den ganzen Canyon auf den Gipfel der gegenüberliegenden Hügelkette. Wirklich sehr eindrücklich und wunderschön!
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| In der Seilbahn, die andere Station liegt auf dem Gipfel des gegenüberliegenden Hügels! |
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| "Berg"station |
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| Wow! |
Dann steht mir noch etwas Besonderes bevor. Die Region von
Bucaramanga ist bekannt für
Hormigas Culonas, eine fritierte Riesenameise. Mitte Mai sind diese Tiere jeweils in (mindestens) millionenfacher Ausführung zu finden und werden eingefangen. Glücklicherweise haben wir nach einer langen Suche endlich einen Imbissstand gefunden, der die Delikatesse auch zu dieser Jahreszeit verkauft. Schmeckt wie eine Mischung aus Sonnenblumenkernen und Popcorn, gar nicht so übel! Laut diversen Studien besteht die zukünftige Nahrung der Menschheit aufgrund des enormen Proteingehalts ja sowieso aus Insekten. Die Tierchen sind übrigens etwa einen Zentimeter lang.
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| Hormigas Culonas |
Gegen fünf Uhr Nachmittags fahren wir zurück nach
Bucaramanga. Dort muss ich meine sieben Sachen packen, bevor ich ein Taxi ins
Terminal de Transporte nehme und den Nachtbus besteige, welcher mich in 12 Stunden an die Nordküste Kolumbiens bringen wird.
Nächster Halt: Santa Marta!
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